Die sektorübergreifende Plattform zur Bekämpfung von Zahlungsverzug, die eine Mio von Unternehmen sowie 4,5 Mio von Arbeitern und selbständigen Arbeitern vertritt, hat gestern Alarm geschlagen. Die Situation in Spanien wird aber noch schlimmer, und nicht nur bei den öffentlichen Verwaltungen sondern auch bei privaten Unternehmen, was tausende von KMU und Selbständigen erstickt und zur massiven Stilllegung führen wird, wie es auch seit Anfang der Krise geschehen ist.
Die öffentlichen spanischen Verwaltungen haben ihre Rechnungen im abgelaufenen Haushaltsjahr 162 Tage nach Rechnungsdatum bezahlt, 5 Tage mehr als im vorhergehenden Jahr und 112 Tage über die in dem neuen Zahlungsverzugsgesetz festgesetzte Grenze. Die Unternehmen seinerseits bezahlten die Rechnungen im Durchschnitt innerhalb von 98 Tage, d.h., 5 Tage mehr als im Vorjahr und 13 Tage mehr über die gesetzlich festgelegte Grenze. „Und es handelt sich nicht nur um Zahlungsverzug, auch die Nichtzahlung ist aufgestiegen. Diese sind im letzten Haushaltsjahr um 2% auf 7,1% insgesamt gewachsen“, sprach gestern Herr Antoni Cañete, Sprecher der Plattform, bei der Vorstellung der Resultaten der letzten Umfrage über Zahlungsarten im Jahr 2011, die fast 1000 Unternehmen befragte.
„Wir sind an einem Punkt angelangt, an dem die Bekämpfung von Zahlungsverzug keinen Rückkehr hat. Der Krebs ist ausgebreitet und die neue Regierung muss Sofortmaßnahmen ergreifen“ sprach er, alarmiert vor den negativen Trends bei Zahlungsterminen in Spanien, die, seiner Meinung nach, für die Schließung jeder dritten Unternehmen verantwortlich ist. Die spanischen Unternehmen wie auch die Verwaltungen liegen am unteren Ende in der Klassifizierung der EU, praktisch (siehe Grafik unten) in gleicher Höhe wie Griechenland (168 Tage Zahlungsverzug) und unter Portugal (139), beide Länder interveniert durch die Europäische Union aufgrund wirtschaftlichen Ungleichgewichten.
In diesem Rahmen forderte die Plattform die Regierung auf, einen Stoßprogramm umzusetzen, um die wirtschaftlichen Schulden auf Null zu stellen, basiert auf drei Achsen. „Sämtliche öffentliche Verwaltungen müssen Maßnahmen ergreifen, um den Schuldenanstieg mit den Lieferanten zu verhindern, die notwendigen Anstrengungen zur Tilgung der noch offenen Schulden (ca. EUR 35.000 Mio) zu machen und einen Dialog über einen längeren Zeitraum mit den bezogenen Verwaltungen zu führen“ sagte Cañete. Seiner Meinung nach stellt dieser Stoßplan nichts neues dar, eher würde es ja gleich, was die sozialistische Regierung im 1992 eingeleitet hat. „Es ist nur politische Bereitschaft vonnöten, damit Verwaltungen und Unternehmen nicht mehr zu Lasten der Lieferanten“, sagte in Bezug auf die Regierung, der diese Umfrage er schon vermittelt hat. „Sie hat in der Opposition stark zur Änderung des Zahlungsverzugsgesetzes beigetragen und ich hoffe, dass sie noch weiter macht“, sagte er.
Das seit Juli 2010 geltendes Zahlungsverzugsgesetz legt einen progressiven Terminplan zur Verkürzung der Zahlungsfristen bis 1. Januar 2013 fest. Danach wird der Zahlungsfrist für die Verwaltungen auf 30 Tag und für Unternehmen auf 60 Tag festgelegt.
Mehr Geld vom ICO, Sanktionen und Änderung des Mehrwertsteuersystems
Die sektorübergreifende Plattform gegen Zahlungsverzug legte gestern ihre Vorschläge zur Begrenzung der Schulden vor, die Verwaltungen und Unternehmen gegenüber KMUs und Selbständigen.
– Alternative Finanzierung: der Plattform-Vorsitzende, H. Rafael Barón, verlangte Finanzierungsmöglichkeiten und Sicherheiten vom ICO und von den Kreditgarantiegemeinschaften, „in ausreichenden Mengen für flexible Investitionen sowie Umlaufmittel für Pymes und Selbständigen“. Weiter forderte er nach Erweiterung von finanziellem Anreiz für Finanzinstrumente wie Risikokapital oder Business Angels.
Bestrafungssystem: eine weitere Forderung der Plattform ist die Aufstellung eines Bestrafungssystems, das in einer noch im Entwurf stehenden Verordnung des Zahlungsverzugsgesetzes einbezogen ist, um gegen die Straffreiheit derer anzukämpfen, die Zahlungen nicht termingerecht oder gar nicht zahlen. Dieses Bestrafungssystem legt Sanktionen von EUR 6000 für leichte und bis zu EUR 900.000 für ernste Verletzungen fest. Zu den letzteren gehört das Überschreiten um 60 Tage des gesetzlichen Zahlungstermins oder die Verletzung des Zahlungstermins bei geschäftlichen Umsätzen über EUR300.000
– Änderung der Mehrwertsteuersystems: die Plattform bewertet positiv die Ankündigung des Regierungspräsidenten, H. Mariano Rajoy, während der Aussprache zur Amtseinführung, über Umsetzung des Zahlungszeitpunktes für die Zahlung der Mehrwertsteuer (sie wird erst nach Zahlung der Rechnung). Er fordert die Regierung auch auf, steuerlich verpflichtete Kontokorrentkonten bei den Verwaltungen, um gegenseitige Schulden zu regeln.
– Außergerichtliche Maßnahmen: die sektorübergreifende Plattform fordert die Übertragung des französischen Modells für die außergerichtliche Lösung des Konflikts zwischen Gläubigern und Schuldnern, bei dem eine außergerichtliche Reklamation des Lieferanten gegen den Kunden Beweiskraft vor Gericht hat.